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DIE STASI UND DER METAL

Lange hat es gedauert, aber wir sind nun doch fündig geworden. Es ist schon lustig, welchen organisatorischen Aufwand die Staatsmacht betrieb, um eine Metalband in die Knie zu zwingen. Alleine die Wortwahl ist ein reinstes Vergnügen.

In den Anfängen versuchte man uns mit Spielverboten in mehreren Orten mürbe zu machen. Da sämtliche Veranstaltungen bei der Polizei angemeldet werden mußten, hatten wir als Platzhalter auf der schwarzen Liste keine Chance. Die Sache hatte System, wie man in nachstehenden Akten lesen kann.

Hier wird schon deutlich, wie das System funktionierte. "Entsprechende Veranlassung" bedeutet nichts weiter als Observierung oder Nichtgenehmigung des Gigs.

Interessant ist die Tatsache, das zum Teil FDJ-Funktionäre offen mit uns sympathisierten. Man versuchte uns mit staatlichen "Fördermaßnahmen" auf den richtigen Weg zu bringen. Leider erfolglos. Da wir in Erfurt keinen Fuß in irgendeinen Saal bekamen, nahmen wir das Angebot der FDJ an und machten den berühmt berüchtigten Gig im Erfurter Stadtgarten. Zunächst aber das vorangegangene Treffen mit dem FDJ-Mann.

Unser vorgebliches Wohlwollen wurde schließlich mit einem Termin in Erfurt belohnt. Am besagten Tag versammelten sich schon hunderte von Fans vor dem Saal und die Ordner siebten die Leute schon per Ausweis aus. Glück hatte, wer einen relativ langen Anfahrtsweg hatte. Viele Leute mußten allerdings draußen bleiben. Zum allgemeinen Verständnis sollte man noch erwähnen, daß die Bühne gesperrt war und man uns aus diesem Grund eine 20 cm hohe Behelfsbühne baute. Als wir auf die Bühne marschierten gab es ein Blitzlichtgewitter wie bei einer Preisverleihung. Das waren die Herren von der STASI. Die Fans rasteten förmlich aus und die Ordner hatten alle Hände voll zu tun, um uns die Leute vom Leib zu halten. Aber lest selbst im O-Ton Polizei.

Und nun das Ganze noch einmal als STASI-Artikel.

Die Anlage (Bilddokumentation zur Veranstaltung) war natürlich nicht mehr vorhanden. Das wäre ja auch zu schön gewesen. Bemerkenswert ist, wie über den Veranstalter hergezogen wird. Er wurde übrigens danach gefeuert. Der 1.Sekretär der BL war der Big Boss, zu vergleichen mit dem heutigen Ministerpräsidenten. Das Ding wurde also ganz schön hoch gehängt. Kaum zu glauben. Wir waren so eine Art Staatsfeind Nr.1

Nach dem Konzert gab es noch Gespräche mit einigen Vertretern von SED und FDJ, sowie von Dozenten der Musikhochschule Weimar. Es war relativ unverkrampft, was den Herren von der STASI sichtlich mißfallen hat, wie nachstehender Bericht erkennen läßt.

Es waren halt nicht alles Arschkriecher und Vorzeigefunktionäre. Zum Glück!!!

Damit war das Ende besiegelt. Wir hatten noch einmal eine Vorladung zur Bezirksleitung. Praktisch in die Höhle des Löwen. In voller Metalkluft erschienen wir zunächst beim Pförtner, der dachte wir sind seine Vollstrecker. Nach dem wir ihm die Vorladung zeigten, wurde er sichtlich ruhiger. Im sozialistischen Ambiente (rote Sessel) sitzend wurden wir noch der Freundlichkeit halber nach unseren Plänen befragt. Am nächsten Tag wurde uns dann schließlich der Hahn abgedreht. Hier noch einmal O-Ton STASI:

Bei der Bezeichnung Liquidierung bleibt einem schon einmal die Spucke weg.

Das Verbot wurde unserem damaligen Sänger zugesendet und die Spielerlaubnis wurde eingezogen. Zu Wittenburg ist noch zu erwähnen, das seine Akten nicht mehr eingesehen werden können. Gerüchten zufolge wollte man ihn von der "Strasse weghaben". Denn für einen geklauten Amp und andere Kleinigkeiten hätte man selbst zu DDR-Zeiten nie eine so hohe Haftstrafe erhalten. Er war jedenfalls nicht mehr der lockere Typ, als er 1989 aus dem Knast kam. Aber das bleibt alles Spekulation. Hier noch das Verbotsschreiben.

Da das Schreiben sehr unleserlich ist, haben wir den Text noch einmal so eingegeben.

Werter Herr Wittenburg!

Hiermit setze ich Sie in Kenntnis, daß der von Ihnen geleiteten Gruppe "Macbeth" mit sofortiger Wirkung die Spielerlaubnis entzogen wird.

Begründung

Seit März 1986 kam es wiederholt, so zum Beispiel in Verbindung mit Veranstaltungen am 19.4.1986 in Egstedt, am 9.8.1986 in Bad Langensalza, am 30.8.1986 in Zella-Mehlis und am 13.9.1986 in Aga zu Störungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

Die mitreisenden Anhänger der Gruppe "Macbeth" erzwangen in Zella-Mehlis und in Aga gewaltsam den Einlaß in die Veranstaltungsobjekte. Programmgestaltung und überhöhte Lautstärke wirkten negativ auf die Verhaltensweisen eines Teils des Publikums.

Gegen Herrn Frank Fiebach, Mitglied der Gruppe "Macbeth", mußte ein Ordnungsstrafverfahren wegen Verstoßes gegen die Grenzordnung durchgeführt werden. Bei einer Jugendtanzveranstaltung am 16.3.1986 in Kirchworbis wurde ein unzulässiger Konzertzuschlag von 50% berechnet.

Der Entzug der Spielerlaubnis erfolgt auf der Grundlage der Anordnung Nr.2 über die Ausübung von Tanz- und Unterhaltungsmusik vom 1.November 1985 gemäß §4.

Sie haben das recht, innerhalb von 14 Tagen schriftlich Einspruch gegen den Entzug der Spielerlaubnis beim Rat des Bezirkes, Abteilung Kultur, einzulegen.

Die Spielerlaubnis Reg.-Nr. 11/85 ist mir zu übergeben.

Steppat

Stadtrat für Kultur

 

Alles an den Haaren herbeigezogene Gründe. Der Einspruch blieb trotz Anwalt erfolglos. Eine Eingabe an Honnecker blieb auch ohne Erfolg. Wie hieß es so schön: "Die Partei, die Partei hat immer Recht."

 

 

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